Montag, 10. März 2014

Potosí die Stadt am reichen Berg

09.03.2014
Die Straße von Potosí über Tupiza nach Villazon ist nun durchgehend asphaltiert. Wir haben bequeme Liegesessel für die 7-stündige Nachtfahrt gebucht und der Bus kommt auch um 4 Uhr morgens an. Zum Glück dürfen wir noch bis um 6 im Bus bleiben, dann laufen wir die 500 m zur Brücke, an der die Grenze zu Argentinien verläuft. Eine lange Menschenschlange wartet dort auf die Offnung der Grenzstation. 1 1/2 h dauert es, bis wir auf argentinischer Seite zum Busterminal eilen. Gerade noch rechtzeitig - 10 min. vor Abfahrt des Buses nach Salta - bekommen wir eine Fahrkarte. Normale Fahrzeit sind 7 Stunden, aber die brauchen wir schon bis Jujuy. Zweimal wird der Bus von der Polizei kontrolliert. Einmal stehen wir eine Stunde am Straßenrand, die Polizisten machen Pause, wir warten. Beim zweiten Mal müssen alle Fahrgäste mit allem Gepäck aussteigen, die Beamten wühlen in den Taschen. Was suchen sie? Jedenfalls wird für uns die Zeit knapp. In Jujuy fährt zum Glück gleich ein Anschlussbus nach Salta. Dort springen wir aus dem Bus, rennen zum Taxistand und der Fahrer bringt uns mit Übertretung sämtlicher Verkehrsregeln zum Flughafen. Ufff, gerade so geschafft. Zwei Stunden turbulenter Flug, dann sind wir in Buenos Aires. Nur noch zwei Stadtbusse, Mitternacht stehen wir nach 28 Stunden Reisezeit vor Hugos Haus.



08.03.2014
Wir buchen noch einmal einen Stadtrundgang. Die Geschichte der Stadt ist natürlich eng mit dem Bergbau verbunden.
Blick zum Cerro Rico
 Die Franziskaner Kirche ist die Älteste. Jesus hat eine braune Hautfarbe, da die indigene Bevölkerung sich so mit dem Katholizismus schneller identifizieren konnte. Einmal im Jahr wurde im Mittelalter die Straße vom Franziskaner Kloster zur Kathedrale am Hauptplatz mit Silberplatten belegt, die Prozession von den Balkonen mit Blütenblättern bestreut.
Auch heute wird zu besonderen Anlässen mit Silber geschmückt 
 In Potosí steht eine von fünf Freiheitsstatuen weltweit, die Stadt befreite sich vom spanischen Joch 1806, lange vor der Unabhängigkeit des übrigen Landes. Einige der 27 Kirchen der Stadt wurden später als Hospital, als Kino odet auch als Theater genutzt. Die Stadtkadedrale, die aufwendig restauriert wird, ist wegen der Dynamitnutzung bei Festen in den Grundmauern desolat und die Türme drohen einzustürzen.
Reiche Verzierungen schmücken viele Gebäude
Marlene erklärt uns in gutem Englisch viele Details. Im Konvent Santa Maria leben noch 10 Nonnen, einige Straßen sind nicht gerade und mit Mauervorsprüngen, damit der Wind sich verfängt und die Häuser nicht so auskühlen im Winter. Viele Dinge, die man nicht im Reiseführer lesen kann. Auch diesmal führt Marlene nur uns beide und bei einer Tasse Kaffee erfahren wir viel von ihrer Familie und Ausbildung. Auch sie ist der Meinung, dass die Armut des Landes ihren Ursprung in der mangelnden Bildung hat.
Wir sitzen noch bis 18:00 Uhr im Reisebüro, wo wir den Stadtrundgang gebucht haben. Die Chefin, Helen, spicht mit uns und anderen Kunden, obwohl klar ist, dass wir nichts mehr umsetzen werden. Dieses Büro verkauft auch Minentouren und interessanterweise ist Helen dagegen, dass die Touristen auf dem Markt Alkohol, Zigaretten und Coca kaufen. Sie empfiehlt ihren Kunden Milchpulver, Joghurt, kleine Bücher für die Kinder der Arbeiter zu verschenken. Wir bekommen noch Tipps und Prospekte für unsere Weiterfahrt nach Villazon und werden zum Abschied gedrückt wie enge Verwandte. 21:00 Uhr fährt unser Bus pünktlich ab.


07.03.2014
Potosí ist die Silberstadt Boliviens. 1573 zählte die 4100m über dem Meeresspiegel liegende Stadt zu den größten der Welt. Der Cerro Rico, der reiche Berg, liegt nur ca. 700m vom Stadtzentrum entfernt. Auch wenn der Bergbau die besten Zeiten hinter sich hat, leben heute immer noch ca. 15.000 Bergleute vom Silber-, Zinn- Zink- und Kupferabbau. Zumeist in kleinen Kommunen organisiert, wird das Edelmetall in Handarbeit aus dem tauben Gestein geschlagen. Wir fahren mit zwei jungen Leuten aus D und CH in einen Stollen ein. Es arbeiten gerade nur wenige Hauer, da Carnaval gefeiert wird. Wir kaufen auf dem Bergwerksmarkt Coca-Blätter, Alkohol (96%) Zigaretten sowie Dynamit, Zundschnüre und Limonade. Das sind Geschenke für die Minenarbeiter, die meist nur 40 ... 50 Jahre alt werden. Jedes Jahr sterben hunderte Miner an Kohlenmonoxidvergiftung, Silikose, bei Unfällen aber auch an Quecksilbervergiftung bei der Aufbereitung. Heute wird das Silber meist mit Cyanid ausgelaugt. Eine der Aufbereitungsanlagen befindet sich mitten in der Stadt. Insgesamt haben seit 1545 über 8 Millionen Arbeiter ihr Leben beim Silberabbau im Cerro Rico verloren. Der Eingang zur Rosario - Mine hat sein ursprüngliches Mauerwerk noch aus dem 16. Jh. Wir waten durch dreckiges Wasser. Dann nimmt die Temperatur schnell zu und schweflige Dämpfe reizen unsere Lungen. Wir gehen lange Strecken gebückt, da die Stollen niedrig sind, der Helm schützt uns vor Beulen.
Wacklige Leitern und tiefe Löcher erfordern Aufmerksamkeit, nichts für Leute mit Platzangst.
In einer Nische besuchen wir Tio Jorge. Das ist eine Statue, ein Abbild des Herrn des Berges, der jeden Freitag Opfer erhält, um auch in der kommenden Woche reiches Erz zu finden. Zigaretten werden in den Mund gesteckt, Alkohol auf den Kopf und die Gelenke sowie den Penis geträufelt. Für klaren Verstand sowie Gesundheit und Fertilität.
Reicht der Erlös nicht aus, um die Familie zu ernähren, müssen die Kinder und die Frau mit helfen. Jungen fahren bereits mit 12 Jahren ein, Frauen putzen das Silber außerhalb der Stollen aus dem Gestein, da nach Silbergehalt bezahlt wird. An uns wird ein Hunt mit der Wochenausbeute einer Kommune vorbeigezerrt. 8 Säcke mit je 40 kg Silbererz.
Wir geben einen Teil der Geschenke ab. Die Männer, mit vom Cocakauen ausgebeulten Wangen, nehmen sie dankbar an.
Wir sind froh nach 3h die Sonne wieder zu sehen und einigermaßen frische Luft zu atmen.
Mittagessen gibt's wieder auf dem Markt.
 (Der Fleischverkäufer im Hintergrund macht gerade keinen Umsatz.)
Aktuelle Position:-19.590330, -65.752878

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